Geschichte und Kultur der Roma und Sinti – von Martin Auer

Die Kirche warnt

Die kirchlichen Würdenträger schrieben meist sehr negativ über die Athingani. Zum Beispiel warnte der Patriarch Athanasios I. : „Vorsicht ist geboten. Frauen sollen von jenen, welche die Zukunft aus dem Hafer lesen, fern gehalten werden, von Vagabunden und anderen Arten von Magiern, von Amuletten und jenen, die Bären und Schlangen vorführen, aber besonders vorsichtig müssen sie sein, Athingani nicht in christliche Häuser zu bringen, weil sie teuflische Dinge lehren…“

Wir wissen nicht, welche Religion die Roma zu dieser Zeit hatten. Vielleicht hatten sie den christlichen Glauben noch gar nicht angenommen, oder sie vermischten ihn mit alten Bräuchen, die sie aus ihrer alten Heimat mitgebracht hatten. Das war den Vertretern der Kirche natürlich nicht recht. Auch war die christlich-orthodoxe Kirche damals weltlichen Vergnügungen gegenüber sehr kritisch und sah in Akrobaten, Bärenführern und Schlangenbeschwörern nur Leute, die die Menschen zu sündigen Vergnügungen verführten und sie vom Beten ablenkten. Wahrscheinlich haben die Roma, wenn sie Schlangenbisse heilten oder Menschen mit Kräutermedizinen behandelten, das auch mit allerhand Beschwörungformeln und Ritualen verbunden, die die Kirchenmänner für unchristlich erachtet haben. Und das Wahrsagen war den Klerikern natürlich auch ein Dorn im Auge:

„Und die anderen, die Athingani genannt werden und Schlangen auf ihren Brüsten tragen, erzählen dem einen, er sei an einem unglücklichen Tag geboren, einem anderen, er hätte einen glücklichen Stern. Sie sprechen aus, dass Glück oder Unglück kommen werde und plappern von anderen solchen Dingen, die es nicht wert sind, dass man darüber schreibt.“

In Indien waren die Schlangenbeschwörer auch Fachleute für die Behandlung von Schlangenbissen und haben auch Krankheiten mit Medizin aus Schlangengift geheilt.