Geschichte und Kultur der Roma und Sinti – von Martin Auer

Geburt

Burgenland zwischen 1918 und 1939

Burgenland zwischen 1918 und 1939

Alles, was mit der Geburt zusammenhängt, ist mit starken magischen Kräften verwoben und darum mahrime. Darum fand die Geburt nicht im Haus, im Wohnwagen oder im Zelt statt. Bei wandernden Roma wurde den Frauen für die Geburt ein Lager außerhalb des Zelts oder des Wohnwagens hergerichtet. Das Stroh, auf dem die Frau gelegen war, wurde nachher verbrannt. Heute gehen die Frauen natürlich in eine Klinik, um ihre Kinder auf die Welt zu bringen.

Bei der Taufe, der boňa, wird das Kind in dieser Welt aufgenommen. Bis zur Taufe muss die Mutter immer auf das Kind aufpassen, sie darf es nie aus den Augen lassen. Denn bis dahin ist das Kind besonders gefährdet. Eine Zauberin oder ein Hexer könnten Macht über das Kind gewinnen oder es gar gegen einen bösen Wechselbalg austauschen.

Die Taufe führt ein Priester durch. Sie ist immer ein großes Familienfest, bei dem viele Verwandte zusammenkommen, um das Kind zu begrüßen. Der Taufpate oder die Taufpatin bleibt mit dem Patenkind und seiner Familie für das ganze Leben verbunden. Die Gäste bringen Geschenke oder wickeln Geld in Windeln für das Neugeborene. Jeder versucht, soviel wie möglich zu geben, denn das erhöht das Ansehen. Jeder Gast beugt sich über das Kind und spricht einen Segen aus, bittet Gott, dem Kind Gesundheit zu schenken oder Fröhlichkeit oder Geld oder ein langes Leben. Ein weit verbreiteter Brauch ist auch, dass man dem Kind etwas in die Wiege legt oder in die Hand drückt, das mit seiner späteren Rolle im Leben zu tun hat. Einem Jungen aus einer Musikerfamilie zum Beispiel einen Geigenbogen, einem zukünftigen Schmied eine Zange oder einen Hammer, einem Mädchen einen Kochlöffel.

Rumänien, 2000

Rumänien, 2000

Sunet – Beschneidung

Bei muslimischen Roma ist die Beschneidung eines Jungen (meistens zwischen dem 5. und dem 13. Lebensjahr) Anlass für ein großes Familienfest.