Geschichte und Kultur der Roma und Sinti – von Martin Auer

Schriftsteller berichten

Der rumänische Schriftsteller Mihail Kogalniceanu schrieb 1837 über die Sklaven:

„In meiner Jugend sah ich in den Straßen von Jassy[1] menschliche Wesen mit Ketten an Händen und Füßen. Einige von ihnen trugen sogar einen eisernen Ring um den Kopf oder Hals. Grausam ausgepeitscht zu werden, zu hungern, nackt in den Schnee oder in zufrierende Flüsse geworfen zu werden, mit Rauch fast bis zum Ersticken gequält zu werden: einer solchen Willkür werden die Zigeuner ausgesetzt. Die Heiligkeit ihrer Ehen und ihrer Familienbindungen wurde entehrt: die Frau wurde dem Manne, die Tochter den Eltern, die Kinder ihren Zeugern entrissen. Gleich Rindern verkaufte man sie in allen vier Himmelsrichtungen des Landes. Weder die Menschen noch die Kirche oder die Gesetzeshüter zeigten irgendein Mitgefühl. Es war ein schreckliches, ein himmelschreiendes Schauspiel.“

Und Theodor von Hallberg-Broich,  ein deutscher Reisender schrieb 1863: „Am Abend, als die Hitze nachgelassen, lief ich umher und erlebte eine Scene, welche die verwegenste Einbildung kaum denken kann. Eine Bojarin hatte unter ihrem übrigen Vieh auch mehrere Zigeuner, worunter ein sehr schönes Mädchen von fünfzehn Jahren war, welche sie einem bekannten liederlichen Menschen für zwei Dukaten verkauft hatte. Das Mädchen sollte eben abgeführt werden, als ich an der erbärmlichen Hütte vorbeiging, wo ich ein heftiges Weinen hörte. Ich frug nach der Ursache, die man mir, wir ich schon gesagt, erzählte. Die Eltern, Brüder und Schwestern weinten alle, sie aber wurde aus den Armen der Mutter losgerissen und fortgeschleppt. Ich ging zum Barbaren, um sie ihm abzukaufen, allein er war reich und lachte über die 50 Dukaten, welche ich ihm bot, um ihr die Freiheit zu geben; er habe sie zu seinem Vergnügen gekauft, und wenn sie sich nicht gutwillig seinem Willen fügen wollte, so würde er sie solange prügeln, bis sie einwilligte. Wenn ich übrigens Zigeuner kaufen wollte, so besitze er fünfhundert Stück, unter denen es auch sehr schöne Mädchen gebe, sie sich nicht sträuben würden, da sie ihm alle zu Dienst gewesen. In diese sey er verliebt und gebe sie um keinen Preis. Ich ging zum Gouverneur und sprach überall davon mit der größten Entrüstung, allein sie lachten über meine Dummheit: ‚die Zigeuner sind unser Eigenthum, wir können damit machen, was wir wollen‘.“


[1] Eine Stadt in Moldawien